Die wichtigsten Erkenntnisse:
Der Schwerpunkt sollte auf den Werten der Kunden liegen, um geeignete Anlagelösungen zu entwickeln und das Interesse an nachhaltigen Anlagen zu fördern.
Die europäischen Vorschriften für ESG-Investitionen haben dazu geführt, dass die überwiegende Mehrheit der Kunden sich gegen den regulatorischen ESG-Ansatz entschieden hat, obwohl das Interesse an ESG-Investitionen weiterhin groß ist.
Nachhaltige Investitionen sollten als strategische Priorität betrachtet werden, wobei der Schwerpunkt auf den Kundenbedürfnissen liegen sollte, um das Potenzial der latenten Nachfrage zu erschließen und gleichzeitig die Einhaltung der Vorschriften im Hintergrund zu gewährleisten.
Keynote-Rede: Umstellung auf einen kundenorientierten ESG-Ansatz
Der vierte finalix Sustainable Finance Roundtable am 12. Juni 2024 in Zürich begann mit einem Impulsvortrag von Marcus Fenchel zum Thema Regulation-driven Strategie. Darin schlug er einen Client-centric Ansatz vor. Dieser stellt die ESG-Kundenmotivationen in den Mittelpunkt und versteht sich als Weiterentwicklung des aktuell dominierenden Regulation-centric Ansatzes. Daran anknüpfend diskutierten die Teilnehmenden, ob ein «back to the basics» helfen würde, den Kunden das Thema des nachhaltigen Investierens näher zu bringen. Das würde bedeuten, stärker mit den Werten des Kunden zu arbeiten und davon ausgehend, passende Investitionslösungen zu entwickeln. Diese Herangehensweise steht im Gegensatz zur heutigen Praxis, welche darin besteht, die Kunden zu fragen, ob und gegebenenfalls welche der von der Regulierung vorgegebenen ESG-Präferenzen sie in ihren Anlagen berücksichtigen wollen. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, dass sich in der heutigen Zeit, geprägt durch geopolitische Ereignisse, einige Wertevorstellungen bei Kunden und damit die Vorstellung davon, was nachhaltig bedeutet, verändert. Daher sollte ein offener Diskurs mit Kunden stets die Grundlage im Beratungsprozess darstellen.
Auswirkungen der europäischen Vorschriften auf ESG-Investitionen
Allgemein überwiegt die Meinung, dass die europäischen Regulierungen (insb. SFDR) entgegen der Zielsetzung des EU Action Plans dazu geführt hat, dass sich die grosse Mehrheit der Kunden zu einem Opt-out aus dem regulatorisch vorgegebenen ESG-Ansatz entschieden hat, obwohl das Interesse an ESG-Investments unverändert gross ist. Institutionelle Kunden und Wealth Management Kunden weisen allerdings unterschiedliche ESG-Motivationen auf. Bei institutionellen Kunden steht der RoI im Vordergrund, ESG-Aspekte eines Investments spielen deshalb vor allem dann eine Rolle, wenn sie zu einer Verbesserung des Risk-Return Verhältnisses beitragen. Bei Wealth Management Kunden fällt auf, dass die traditionellen Investmentstrategien mit Fokus auf Risk-Return Optimierung überwiegen, obwohl ein relevanter Anteil dieser Kunden Interesse an Impact Investment hat. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Anforderungen der SFDR an Impact Produkte aktuell nur von ganz wenigen Investments erfüllt werden. Es gibt aber auch positive Entwicklungen, wie beispielsweise Kunden mit grösseren Vermögen, die im Rahmen von Stiftungen einen positiven Impact erzielen. Ebenfalls verändert sich das Verständnis in Bezug auf nachhaltige Investitionen, so werden zum Beispiel neue Aspekte wie Sicherheit oder geopolitische Stabilität vermehrt unter ESG subsumiert.
Strategische Priorität für Banken
Im letzten Teil des Roundtables diskutierten die Teilnehmenden, wie Banken nachhaltige Investments als strategische Priorität betrachten können, um das durch die Regulation erzeugte latente Nachfragepotenzial zu erschliessen. Hier bestand Einigkeit, dass die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen im Hintergrund sichergestellt werden sollte und dem Kunden gegenüber nur thematisiert werden soll, wenn dies zwingend erforderlich ist. Denn im Kontakt mit den Kunden sollten deren Motivationen und Bedürfnisse im Vordergrund stehen, Transparenz geschaffen, und eine verständliche Sprache gesprochen werden, damit Kunden informierte Entscheidungen treffen können.
Schlussfolgerung und nächste Schritte
Zusammenfassend kann man sagen, dass die ESG-bezogene Regulierung in der EU ihr Ziel, Finanzströme vermehrt in nachhaltige Investments zu lenken, bisher verfehlt hat. Jedoch wurde Banken dadurch die Chance eröffnet, mit einer Client-centric ESG-Strategie, welche die ESG-Kundenmotivationen in den Mittelpunkt stellt, bei ihren Kunden zu punkten und sich das latent vorhandene Nachfragepotenzial zu erschliessen.
Wir freuen uns darauf, diese wichtigen Diskussionen in unseren zukünftigen ESG Roundtables fortzusetzen. Für weitere Informationen oder Anfragen wenden Sie sich bitte an: Dr. Marcus Fenchel (SME Sustainable Finance) marcus.fenchel@finalix.com oder Tobias Merk (SME Sustainable Finance) tobias.merk@finalix.com